Architektonisch, literarisch, alkoholisch – oder: Wo liegt eigentlich Wolfenbüttel?

„Im Zonenrandgebiet“, meinte ein Lehrerkollege, als ich ihm erzählte, dass meine Schulwoche bereits am Mittwoch ende, weil ich wegen KuBiS ein paar Tage nach Wolfenbüttel fahren würde und – ich bin ehrlich – keine Ahnung hatte, wo es liegt. Da Trier (leider) nicht (mehr) an den Fernverkehr angebunden ist, hatte ich eine siebenstündige Zugfahrt inklusive mehrerer Umstiege vor mir – und da gleich der erste Anschluss in Koblenz verspätet war, veränderte sich kurzerhand meine gesamte Reiseroute.

Im letzten Abschnitt „Braunschweig – Wolfenbüttel“ knüpfte ich die ersten Kontakte zu drei meiner Mitstudierenden und fand es total schön, im Sonnenschein gemeinsam die letzten Meter zur Bundesakademie für Kulturelle Bildung e.V. durch die von Fachwerk geprägte schmucke Altstadt Wolfenbüttels zurückzulegen.

Neben den rund 1000 Fachwerkhäusern ist Wolfenbüttel Lessingstadt (der berühmte Dichter verbrachte hier ab 1770 die letzten elf Jahre seines Lebens und verfasste in dieser Zeit Nathan der Weise sowie Emilia Galotti) und Produktionsstätte von Jägermeister (dem international bekannten Kräuterlikör).

Doch Wolfenbüttel beherbergt eben auch die Bundesakademie für Kulturelle Bildung, ein gemeinnütziger Verein, der für Kunst, Kultur und ihre Vermittler:innen in den Programmbereichen Bildende Kunst, Darstellende Künste, Kulturmanagement, Kulturpolitik, Kulturwissenschaft, Literatur, Museum und Musik tätig ist.

Die Bundesakademie für Kulturelle Bildung e. V. in Wolfenbüttel von außen
Die Bundesakademie für Kulturelle Bildung e. V. in Wolfenbüttel.

Für mich ist die Akademie in den kommenden dreieinhalb Tagen vor allem biographisch geprägt: Ich lerne meine Mitstudierenden persönlich kennen und natürlich die Modulleiterinnen Nana Eger, Professorin für Kulturelle Bildung an der Hochschule Merseburg und im Zwischenraum von (Tanz-)Kunst, Forschung und Vermittlung tätig, sowie Lea Spahn (Dr. phil.), Post-Doc der Arbeitsgruppe Soziologie der Bewegung und des Sports wie auch Lehrkraft für besondere Aufgaben im Bereich Körperbildung/Tanz an der Philipps Universität Marburg.

Ich reise gedanklich durch meine eigene Biographie und versuche diese mit Papier, Stiften, Farben, Pinseln und Kleber bildlich zu fassen. In großen und kleinen Gruppen und beim Anlegen des Prozesstagebuchs eben auch ganz alleine geht es in und um den Austausch von Erfahrungen, dem Ausloten der eigenen Haltung zu Kultureller Bildung und den Chancen und Herausforderungen in diesem Feld.

Ich stelle fest, dass sich manche Erkenntnisse schwer in Worte fassen lassen, dieses kreative, ergebnisoffene Arbeiten „macht was mit mir“ aber auch „für mich“ – es verunsichert, befreit, bestärkt – man lernt sich (und andere) besser kennen. Was mir sehr gut gefällt, ist der achtsame Umgang innerhalb unserer Gruppe, auf den wir uns auch in einem gemeinsamen Code of Conduct einigen. Was geht, was geht (gar) nicht – sehr demokratisch und werteorientiert.

Gleichzeitig wird deutlich, wie mächtig Sprache ist und, dass bestimmte Worte wie Teilhabe Zündstoff für lange und gute Diskussionen bergen.

Mit etlichen Literaturtipps der Dozentinnen sowie kostenlosen Publikationen der Bundesakademie   im Gepäck trete ich Sonntagnachmittag (erneut) bei Sonnenschein die Heimreise an. Tschüss, Wolfenbüttel – dich vergesse ich so schnell nicht.

Text & Bilder: Anita Zender

Literaturtipps aus dem weiten Feld der Kulturellen Bildung auf dem Boden ausgebreitet

Quellen:
https://www.lessingstadt-wolfenbuettel.de/, https://www.bundesakademie.de/akademie/ueber-uns/, https://www.forschung-kulturelle-bildung.de/ueber-uns/koordinierungskreis/196-nana-eger sowie https://www.kubi-online.de/autorinnen/spahn-lea, letzter Aufruf jeweils am 5.11.22

Top