Erfahrungsbericht eines Stipendiaten

Juni 2021

Das Förderprofil der Rolf & Hella Becker Stiftung zielt u. a. darauf ab, die Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern im Bereich der Kulturellen Bildung zu fördern. Insbesondere die derzeitige Pandemie hat – wie aus tagesaktuellen Publikationen zu entnehmen ist – die Frage der „Bildung versus Gebildetsein“ in den Fokus gerückt. Gerade der Kulturellen Bildung, als eine „überfachliche Bildung“, frei von curricularen Zwängen, kann eine neue, zukunftsgerichtete Dimension zufallen.

Unter den veränderten aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kann hier die Stiftung wirkmächtig Impulse setzen, wie aus dem nachfolgenden Erfahrungsbericht zu entnehmen ist.

Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) als Motor der Schulentwicklung
Seit einem guten halben Jahr studiere ich als Stipendiat der Becker Stiftung im Master-Studiengang Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) an der Phillips-Universität-Marburg. Die Motivation diesen Studiengang zu wählen, speist sich aus einem doppelten Unbehagen.

Erstens aus den immer noch mit Wissensstoff überladenen Lehr- und Arbeitsplänen an den weiterführenden Schulen und der Fokussierung von weiten Kreisen der Lehrer*innenschaft auf das möglichst vollständige Abarbeiten derselben. In einer sich dynamisch erweiternden Wissensvielfalt erscheinen 10 oder gar 20 Jahre gültige Lehrpläne als das absolut falsche Format die notwendige Bildung für Schüler*innen vorzudenken.

Zweitens aus der immer noch gravierenden Bildungsungerechtigkeit in Deutschland. Die letzte Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2019 zeigt: „Für einen Jugendlichen, dessen Vater einen höheren Schulabschluss hat, ist die Wahrscheinlichkeit, die Schule mit einer Hochschulreife zu verlassen oder diesen anzustreben (81%) immer noch mehr als doppelt so hoch, wie für denjenigen, dessen Vater keinen oder einen einfachen Schulabschluss hat (39%)“.

Der Versuch, per zusätzlich in den Lehrplänen verankerten Kompetenzrastern, alle Absolvent*innen der Schulen gebildeter zu entlassen, ist häufig nur in Kombination mit außerschulischer Bildung erfolgreich. Und diese außerschulische Bildung ist häufig mit beträchtlichem finanziellen Aufwand verbunden. Vielversprechend sind Ansätze, durch Implementierung Kultureller Bildung in Schulen, finanziert aus dem Ganztagsbudget der Schulen oder durch Unterstützung von Stiftungen, wie z.B. der Rolf & Hella Becker-Stiftung, der Selbstbildung der Schüler*innen Raum und Zeit zu geben.

Denn wie der Schweizer Philosoph Peter Bieri formuliert: „Sich zu bilden ist tatsächlich etwas ganz anderes als aus-gebildet zu werden. Eine Ausbildung durchlaufen wir mit dem Ziel, etwas zu können. Wenn wir uns dagegen bilden, arbeiten wir daran, etwas zu werden – wir streben danach, auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein“.

Das Wirken von Künstler*innen in Schulen könnte einen Beitrag dazu liefern, den schulischen Aspekt der Ausbildung um den für die Persönlichkeitsbildung wichtigen Aspekt der Selbstbildung zu erweitern. Im Rahmen eines Studiums wie KuBiS erwerben Lehrer*innen, Kulturvermittlerinnen und Künstlerinnen die Kompetenz, die Verankerung von Kultureller Bildung in Schulprofilen zu fördern. Ich persönlich sehe in der Aufwertung der Kulturellen Bildung, als Vertreter der Schule, eine große Chance und Zukunftsaufgabe. Ziel ist es, KuBiS in Zukunft den gleichen Stellenwert zuzuschreiben wie MINT. Und daran werden die Absolvent*innen des Studiengangs WBM KuBiS in Zukunft arbeiten.

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