Kooperation in und mit Schule – oder: Welche Probleme, Herausforderungen und Gelingensbedingungen birgt sie?

Modul 4b – wieder an der Richtsbergschule in Marburg – beginnt unter Leitung von Prof. Ivo Züchner mit Begriffsklärungen rund um Kooperation(en) und Zuordnungen mit Hilfe einer Mindmap, welche die an Kooperation beteiligten Akteur:innen im Feld der Kulturellen Bildung abbilden soll.

Die räumliche Nähe ist dabei ein Kriterium und bindet beispielsweise Vereine sowie Bildungs- wie Betreuungseinrichtungen vor Ort mit ein, lässt aber auch Entscheidungsträger:innen und Geldgeber:innen auf Kommunal- sowie Landesebene nicht außer Acht.    

Wichtig bei Kooperationen – auch jenseits der Kulturellen Bildung – ist die Zusammenarbeit im Sinne eines abgestimmten Handelns. Alle Beteiligten verfolgen ein gemeinsames Ziel, welcher durch den Arbeitsauftrag vorgegeben ist oder gemeinsam erarbeitet wird. In den Wirtschaftswissenschaften geht man sogar davon aus, dass Kooperation erst dann beginnt, wenn die eigene Autonomie zumindest teilweise aufgegeben werde.

Im Bereich Schule unterscheidet Züchner in seinem Impulsvortrag verschiedene Ebenen der Schulkooperation, nämlich inter-institutionelle, also zwischen Schule und anderen Kooperationspartner:innen, hierzu gehören auch diejenigen, die nur für eine bestimmte Einzelschule gelten, wie etwa im Ganztagsbereich, sowie innerschulische und interpersonale, beispielsweise wenn Künstler:innen mit der Lerngruppe einer Lehrkraft in der Schule arbeiten. So oder so ist die Nutzenorientierung, also der empfundene Mehrwert der Kooperation, treibendes Element, um Kooperationen aneinander zu halten. Und gerade im Kontext Schule ohnehin der Faktor Zeit!

Züchner berichtet von einer Studie[1], bei der der Faktor Entlastung die Kooperationsbereitschaft von Lehrer:innen begünstigt als wenn diese „on top“ wahrgenommen wird. Doch Zeit, etwa für Vor- und Nachbereitung auf Seite der Künstler:innen, ist in der Plenumsdiskussion ebenfalls Thema und sorgt für Unmut, insbesondere, wenn dieser Posten in Honorarverhandlungen nicht berücksichtigt wird.    

Der seit den 1990ern in der Schulqualitätsforschung verwendete Begriff der „Schulkultur“ bezieht sich grundsätzlich auf das alltägliche Schulgeschehen mit seinen divergenten Wirkungen und Widersprüchen und als Ergebnis des Zusammenspiels von Gestaltungsfaktoren auf verschiedenen Ebenen (vgl. Esslinger-Hinz, 2019).

(Mehr) Kulturelle Bildung in Schule geht oft mit der Erwartung einher, dass sich das Schulklima bzw. die Schulkultur dadurch positiv verändert, so wie umgekehrt das Nicht-Vorhandensein ästhetisch-künstlerischen Handelns in Schule als Mangel wahrgenommen wird. Anhand von Fallbeispielen – Schulprofile verschiedener Schulen in Mecklenburg-Vorpommern – sollen wir uns mit den jeweiligen Rahmenbedingungen und Herausforderungen sowie Aspekten, die durchaus als Gelingensbedingungen gesehen werden können, auseinandersetzen. Tag 2 beginnen wir mit Marcus Kauer vom Hessischen Kultusministerium, der sich in seinem Impulsreferat mit der Relevanz von Netzwerkbildungen im Kontext von systemisch wirksamen

Schulentwicklungsprozessen befasst. Beispielhaft zeigt er den Prozess des Aufbaus der Formate kultureller Bildung in Hessen und verdeutlicht hier, dass es ohne die Einbindung aller relevanten Akteure nicht zu erfolgreicher Etablierung neuer Strukturen kommen kann.

Um die Bedeutsamkeit und das besondere Potential der kulturellen Bildung zu veranschaulichen, startet Kauer mit einer vermeintlich kreativen Übung und fordert die Teilnehmenden auf, in 15 Sekunden einen Blumenstrauß, eine Vase und einen Tisch zu zeichnen. Interessanterweise ähneln sich unsere Ergebnisse sehr, nämlich in dem die einzelnen Komponenten miteinander verknüpft sind. Die Blumen sich also in der Vase befinden, welche wiederum auf dem Tisch steht. Dies hänge laut Kauer damit zusammen, dass die Aufgabe eher linear gelöst wurde, was aber nicht kreativ sei, und natürlich auch der fehlenden Zeit geschuldet war, denn Scheitern möchten viele vermeiden.

In der Kulturelle Bildung wiederum sei das Scheitern in der Beschäftigung mit den Künsten enthalten. Um dies zu erkennen, sei es bei kulturellen Schulentwicklungsvorhaben besonders relevant, allen Beteiligten die Gelegenheit zu geben, den Künsten im geschützten Raum zu begegnen und dabei zu erfahren, was die Kunst „mit mir macht“. Und ohne die eigene Beschäftigung mit den Künsten ginge es ohnehin nicht, um eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Übertragen auf kulturelle Unterrichts- bzw. Schulentwicklung gehe es in der Kulturellen Bildung darum, Räume zu entwickeln – „der Spirit und die Haltung sind wichtig“, betont Kauer. Um dies zu begleiten, benötige es fortlaufend Möglichkeiten zur Qualifikation für alle am Prozess Beteiligten: Schulleitungen, Lehrkräfte, außerschulische Partner und Eltern. Kauer stellt in diesem Zusammenhang auch dar, wie wichtig es sei, die Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung des Vorhabens aktiv miteinzubeziehen und ihnen immer wieder Möglichkeiten zu geben, ihre Ideen einzubringen und sich zu professionalisieren. In den Schülerinnen und Schülern sieht Kauer in diesem Zusammenhang ein großes Potential, das unbedingt gefördert werden müsse.

Hiernach begeben wir uns in ein Rollenspiel. Das Setting: Eine Schulkonferenz, die so oder so ähnlich in Schule stattfinden könnte. Zu einem gemeinschaftlichen Beschluss für mehr Kulturelle Bildung in dieser Schule kommt es nicht. Zu unterschiedlich sind die (gespielten) Positionen der Beteiligten, von denen diese nicht abrücken möchten (oder können). Was bleibt ist ein noch stärkeres Bewusstsein für Widerstände innerhalb einer Bildungseinrichtung – an der Lösung, diesen adäquat zu begegnen arbeiten wir noch.  

Text & Bilder: Anita Zender    

[1] vgl. Dizinger, V., Fussangel, K., & Böhm-Kasper, O. (2011a), „Interprofessionelle Kooperation an Ganztagsschulen aus der Perspektive der Lehrkräfte. Wie lässt sie sich erfassen und wie wird sie im schulischen Belastungs- und Beanspruchungs-Geschehen bewertet?“, in K. Speck, T. Olk, O. Böhm-Kasper, H.-J. Stolz & C. Wiezorek (Hrsg.), Ganztagsschulische Kooperation und Professionsentwicklung. Studien zu multiprofessionellen Teams und sozialräumlicher Vernetzung, Seite 114 bis 127. Weinheim: Beltz.

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