Gutes für Leib und Seele…

Länderübergreifende WBM KuBiS-Netzwerktagung im digitalen Kultur.Forscher!-Lab

September 2021

Am 01.07.2021 kamen drei der insgesamt acht Regionalgruppen des bundesweiten WBM KuBiS-Referenznetzwerkes zu einer digitalen länderübergreifenden Tagung zusammen: Die Regionalgruppe Rheinland-Pfalz, in der auch die beiden Stipendiat:innen der Becker-Stiftung aktiv sind, traf sich mit der Gruppe Nordrhein-Westfalen sowie Ostwestfalen-Lippe, einem in 2020 neu initiierten Regionalnetzwerk des WBM KuBiS. Die Tagung im digitalen „Kultur.Forscher!-Lab“ – der von der PwC-Stiftung eigens für die Netzwerkarbeit eingerichteten Online-Plattform – stand unter dem Motto „Gutes für Leib und Seele“ und trug damit zum Schuljahresende den Bedürfnissen der Netzwerker:innen angesichts der Belastungen des zurückliegenden Pandemiejahres Rechnung.

Nach einer spielerischen Willkommensrunde standen allgemeine Informationen aus dem bundesweiten Netzwerk auf dem Programm, etwa die frohe Kunde, dass die Kultur.Forscher!-Netzwerkarbeit für ein weiteres Jahr von der PwC-Stiftung gefördert und sogar mit zusätzlichen Mitteln für eine internationale Erweiterung sowie die Weiterentwicklung der digitalen Plattform ausgestattet wird.

Kern der Tagung bildeten dann einerseits zwei parallele Tanz- und Bewegungsworkshops, deren professionelle Leitungen die Wahrnehmung auf den eigenen Leib sowie im Transfer auf den der Schüler:innen richteten, um einen Ausgleich im zweidimensionalen, bildschirmlastigen Corona-Alltag ästhetisch zu beforschen. Andererseits bildete das anschließende gemeinsame Abendessen einen Höhepunkt, für den das KuBiS-Team die Netzwerker:innen vorab mit „Care-Paketen“ versorgt hatte: Aus mehreren exquisiten, in Gläsern portionierten Suppenkreationen einer lokale Restaurant-Boutique der Universitätsstadt Marburg konnten die Teilnehmer:innen auswählen, die ihnen dann nebst Brot und Nachtisch auf dem Postweg zugingen. So konnte, wenngleich jede:r in den eigenen vier Wänden löffelnd vor dem Computer saß, doch fast der Eindruck eines unmittelbaren Beisammenseins entstehen, das die informellen Begegnungsmomente in Tagungskontexten so wertvoll macht.

Und wie in analogen Runden entspinnt sich ein Gespräch über die gemeinsamen Anliegen Kultureller Bildung und ihren besonderen Stand in der seit über einem Jahr währenden pandemischen Ausnahmesituation. Die Teilnehmer:innen sind sich einig, dass Kulturelle Bildung nie wichtiger war, da es gerade die persönlichkeitsstärkenden Kompetenzen seien, die etwa das Forschende Lernen vermittele und die Schüler:innen jetzt mehr denn je bräuchten. Gemeint sind z.B. die Erprobung von Selbstlern- und Problemlösungsstrategien, bei denen Fehler nicht sanktioniert, sondern als Chance für den Prozess begriffen werden. Neben Kreativ-Techniken und vernetzendem Denken werden auch das Spektrum der eigenen Ausdrucksfähigkeit sowie Reflexionskompetenzen im Austausch mit anderen geschult. Fähigkeiten, deren Bedeutung sich gerade im Distanzunterricht offenbarte und die Schüler:innen stärken, wenn sie sich als selbsttätige Akteur:innen in intrinsisch motivierten Lernprozessen erfahren.

Nach den für manche Lehrer:innen und Schüler:innen als schwierig erlebten Zeiten des reinen Distanzunterrichts freuten sich die Kinder ungemein auf die Rückkehr zu Präsenzzeiten in der Schule. Dass es jedoch nicht der Mathe- und Deutschunterricht sei, den die Kinder vermisst und dringend nötig hätten, ist sich die Gesprächsrunde einig, sondern das Zusammensein mit den Gleichaltrigen, das Spielen, Austauschen und Lernen in Gemeinschaft sei unersetzlich für die Ausgeglichenheit und gesunde Entwicklung der jungen Menschen. Auch hier bietet die Kulturelle Bildung wertvolle Ansatzpunkte, um die gegenseitige Wahrnehmung und den sozialen Zusammenhalt zu fördern. Und gerade jetzt, wo die Pandemie den üblichen Schulbetrieb quasi aus den Angeln gehoben hat, müsste doch der Moment sein, um Lehren und Lernen neu zu denken, um Schule als Lebensraum im Miteinander zu gestalten – oder nicht?

Während sich die Suppenteller allmählich leeren, wirkt die Stimmung betrübt beim Blick auf die aktuellen Entwicklungen: Scheuklappenartig werde Schule auf das frontale Unterrichten der Kernfächer, werde das Lernen aufs Pauken und würden Schüler:innen auf ihre Leistungsstände reduziert. Mit ganzheitlichen, schüler:innenorientierten Ansätzen stoßen Schulleitungen an die Grenzen ihres Kollegiums und umgekehrt, außerschulischen Partnern wird der unverstellte Zugang zu den jungen Menschen erschwert. Die Diskussion führt über Anfragen an die Lehrer:innen aus- und -fortbildung schließlich zum Weiterbildungsmaster KuBiS, der als Leuchtturm-Angebot eine wesentliche Professionalisierungslücke schließt, um das System Schule offener denken, lebensnaher gestalten und zukunftsfähiger fortentwickeln zu können.

Doch unentschieden bleibt an diesem Abend, wie es nach der Pandemie weiter gehen wird mit und an Schule: Einfach den „Reset-Button“ drücken und „back to normal“? Wird es die gewohnte Normalität überhaupt wieder geben und wäre sie wirklich wünschenswert? Könnten digitale und hybride Formate den Unterrichtsalltag künftig bereichern? Wird es möglich sein, etwas von den innovativen Ansätzen und wertvollen Chancen, die die notgedrungenen pandemiebedingten Umwälzungen mit sich brachten, in eine Zeit nach Corona „hinüberzuretten“?…

Fragen über Fragen. Die KuBiS-Netzwerker:innen wären keine Kultur.Forscher:innen!, wenn sie nicht wüssten, dass Fragen wichtiger als Antworten sind. Und dass Neugierde und Offenheit für das Unbekannte die Schlüssel sind, um zu ungeahnten Ergebnissen zu gelangen. Zur Fortsetzung des wertvollen Austauschs wird der WBM KuBiS den Becker-Stipendiat:innen bald schon erneut Gelegenheit geben, ob im Studienzusammenhang oder bei künftigen Netzwerktreffen – ob digital oder in Präsenz, das steht allerdings noch in den Sternen…

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